Quantcast
Channel: INSM –ÖkonomenBlog, Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
Viewing all 194 articles
Browse latest View live

Staat denkt wenig an die Zukunft: Deutschland investiert deutlich unter OECD-Durchschnitt

$
0
0

Deutschland investiert deutlich weniger als andere Staaten in seine Zukunft. Bei den staatlichen Investitionen im Allgemeinen und bei Bildungsausgaben im Speziellen liegt die größte europäische Volkswirtschaft weit hinter vergleichbaren Wirtschaftsnationen. Das ist ein Ergebnis einer Studie des ifo-Instituts in München im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

Deutschlands staatliche Investitionen liegen weit unter dem Durchschnitt der Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der Anteil der investiven Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt aktuell nur noch 2,12 Prozent (siehe Grafik unten). Im OECD-Schnitt sind es über drei Prozent. Der deutsche Staat müsste seine Investitionstätigkeit um mindestens 40 Prozent erhöhen, um den OECD-Durchschnitt zu erreichen, schreibt Prof. Dr. Niklas Potrafke, einer der Autoren der Studie Die Zusammensetzung des öffentlichen Budgets in Deutschland”. Im besonders wichtigen Bereich Forschung und Entwicklung” beträgt der Nachholbedarf zum OECD-Durchschnitt sogar 70 Prozent. Selbstverständlich kann der bloße Vergleich von Ausgabenquoten keinen Handlungsbedarf begründen, doch sollte die Politik die Trends im Zeitablauf zur Kenntnis nehmen und prüfen, ob Handlungsbedarf besteht”, heißt es einschränkend weiter.

Anteil der investiven Ausgaben am BIP in Deutschland und im OECD-Durchschnitt

Besonders die skandinavischen Länder haben laut Studie in der Vergangenheit ihren Anteil der investiven Ausgaben deutlich gesteigert (siehe Grafik unten). Aber auch die Benelux-Staaten sowie Österreich und die Schweiz haben eine rund 50 Prozent höhere Investitionsquote, gemessen am BIP – und das, obwohl die Staatsquote in beiden Ländern deutlich geringer ist als in Deutschland.

Anteil der investiven Ausgaben am BIP in Deutschland und in ausgewählten OECD-Staaten

Die Nettoinvestitionen in Deutschland, also die Differenz aus staatlichen Investitionen minus den Abschreibungen, pendelt dabei um den Nullpunkt (siehe Grafik unten), das heißt: Seit 1997 wird nur noch genau so viel investiert, wie notwendig ist, um den öffentlichen Kapitalstock konstant zu halten”, heißt es in der der Studie weiter.

Öffentliche Brutto- und Nettoinvestitionen des deutschen Staates als Anteil am BIP

Die Staatsquote, also der Anteil der Staatsausgaben am BIP, liegt in Deutschland bei 44,2 Prozent – und damit über der Staatsquote der Schweiz und Österreich, aber unter jener der Benelux-Staaten und der skandinavischen Länder (siehe Grafik unten).

Die Staatsquote sinkt derzeit in fast allen Staaten aufgrund der weltweit guten wirtschaftlichen Entwicklung und der niedrigen Zinsen für die Begleichung von Staatsschulden. Die Veränderung ist vor allem auf den robusten wirtschaftlichen Aufschwung in den letzten Jahren zurückzuführen, während sich die (absolute) Ausgabentätigkeit des deutschen Staates weiterhin erhöht hat”, schreiben die ifo-Autoren.

Anteil der staatlichen Gesamtausgaben am BIP im OECD-Vergleich

Worin sich Deutschland dagegen von anderen OECD-Staaten unterscheidet: im Anteil der Ausgaben für den Bereich Soziale Sicherung”. Die ist mit aktuell 43,6 Prozent seit Jahren relativ konstant (siehe Grafik unten). Der Durchschnitt der OECD-Staaten liegt dagegen deutlich darunter, allerdings hat der Anteil in den letzten Jahren zugenommen.

Selbst die für ihren ausgeprägten Sozialstaat bekannten Skandinavier geben anteilsmäßig an den Staatsausgaben weniger für soziale Sicherung aus als Deutschland (siehe Grafik unten links). Mit negativen Konsequenzen für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands: Wenngleich dieser hohe prozentuale Anteil mit der langen Tradition des Sozialstaates in Deutschland begründet werden kann, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es sich hierbei zum Großteil um Umverteilungsmaßnahmen mit eher konsumtiven Charakter handelt”, heißt es in der Studie. Die Folge: Die zunehmende Mittelverwendung für Transfers und abnehmende für öffentliche Güter und Investitionen deuten darauf hin, dass Deutschland sich von den Kernaufgaben des Staates im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft entfernt.”

Die negativen Konsequenzen zeigen sich nicht zuletzt bei der Bildung. Der Anteil im Bildungswesen ist konstant bei lediglich zwischen neun und 9,5 Prozent der Staatsausgaben (siehe Grafik unten rechts).  Studienleiter Potrafke: In Deutschland ist im OECD-Vergleich immer noch ein nur unterdurchschnittlicher Teil des Staatsbudgets für Bildungsaufgaben reserviert.“

Unsere Nachbarländer geben dagegen einen deutlich größeren Anteil für Bildung aus. Das Staatsbudget für Bildung ist in Deutschland um rund ein Fünftel kleiner als in den Benelux- und skandinavischen Ländern und ein Viertel geringer als in Österreich und der Schweiz. Das hat langfristig negative Folgen für den Wohlstand: Dass das Wirtschaftswachstum eines Landes positiv mit den Bildungsausgaben korreliert, ist in der Literatur vielfach empirisch belegt”, so die Studie.

Fazit der Studien-Autoren: “Im deutschen Staatshaushalten sind relativ gesehen deutlich mehr Fiskalmittel für Konsumausgaben im Bereich der sozialen Sicherung und im Gesundheitswesen vorgesehen. Dies geht zu Lasten von Ausgabenanteilen in den Bereichen Bildung, wirtschaftliche Angelegenheiten inklusive Infrastruktur und Verteidigung. Wünschenswert wäre daher, in Zukunft mehr Mittel für öffentliche Güter und Investitionen aufzuwenden. Der Finanzierungsspielraum für Mehrausgaben in diesen Bereichen kann durch eine Verringerung des Transfervolumens geschaffen werden. Auf Steuererhöhungen oder Neuverschuldung braucht nicht zurückgegriffen werden.”

Die Zusammensetzung des öffentlichen Budgets in Deutschland„, ifo-Institut München, Juli 2018, Niklas Potrafke (Projektleiter), Florian Dorn, Stefanie Gäbler, Björn Kauder, Manuela Krause, Luisa Lorenz, Martin Mosler

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.


5 vor 10: Europa, Blockchain, Deutsche Bank, Mittlerer Osten, Subventionen

$
0
0

Heute geht es in den Linktipps um die Gefahr für Europa, die von Donald Trump und Wladimir Putin ausgeht, um die Ökonomie der Blockchain sowie die guten Quartalszahlen der Deutschen Bank. Außerdem beschäftigen wir uns mit den Einkommen im Mittleren Osten sowie den unsinnigen Subventionen für Stadien.


1. Warum sich die Europäer wieder fürchten müssen
(sueddeutsche.de, Julian Hans)
Beim Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin in Helsinki könne Europa das Fürchten lernen, kommentiert Julian Hans. Ob die Krim, die mögliche Einmischung in die US-Wahl oder die Unterstützung Assads – all das verbuchte Trump als Fehler seines Vorgängers, die seine Beziehung zu Putin nicht trüben dürften. Für Europa sei das gefährlich, weil alte Werte plötzlich nichts mehr wert seien.

2. Die Ökonomie der Blockchain
(voxeu.org, Markus K. Brunnermeier und Joseph Abadi, englisch)
Die Blockchain-Technologie könne die Welt verändern, heißt es oft. So ermögliche sie es, Banken als Intermediäre bei Transaktionen überflüssig zu machen. Die Ökonomen Markus K. Brunnermeier und Joseph Abadi der Princeton University erklären in ihrem Beitrag die drei großen Hürden, die es dabei zu überwinden gilt: Da wären die Vermeidung von Machtkonzentration, die Kosteneffizienz sowie die Korrektheit der Informationen, die sich schwerlich alle gleichzeitig erreichen lassen.

3. Also doch, die Deutsche Bank kann noch positiv überraschen
(welt.de, Karsten Seibel)
Die Deutsche Bank verdiente im zweiten Quartal etwa 400 Millionen Euro, mehr als die Hälfte dessen, was die Analysten durchschnittlich erwartet hatten. Der Aktienkurs stieg nach der Ankündigung um 9,3 Prozent. Bedeutet das nun, dass jetzt alles gut wird? Wirtschafts- und Finanzredakteur Karsten Seibel findet, dies wäre ein zu schneller Schluss.

4. Die Einkommensfalle im Mittleren Osten
(project-syndicate.org, Ferid Belhaj und Rabah Arezki, englisch)
Wie können die Länder im Mittleren Osten wie Algerien, Ägypten, Marokko oder Katar sich aus der sogenannten Falle der mittleren Einkommen befreien? Die Ökonomen Ferid Belhaj und Rabah Arezki, die für die Weltbank in der Region arbeiten, beschreiben, warum geopolitische Spannungen, zu niedrige private Investitionen sowie der Mangel an neuen Technologien das Wachstum hemmen – und was dagegen helfen könnte.

5. Keine Subventionen für Stadien!
(bloomberg.com/view, Barry Ritholtz, englisch)
Die Regierungen der Welt machten fast alle den gleichen Fehler, meint Barry Ritholtz: Sie subventionieren den Bau von Großstadien mit viel Geld. Auch später seien diese in der Unterhaltung sehr teuer. Vier Gründe hat er für diese Annahme gefunden – zum Beispiel dass die Stadien wenig für die lokale Wirtschaft brächten.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Jefta, China, Protektionismus, Brexit, Social Media

$
0
0

Heute in den Linktipps: Das Handelsabkommen zwischen Japan und der EU, Potenziale von Freihandel zwischen der EU und China sowie mehr Schutz für Verlierer der Globalisierung. Außerdem geht es um den Brexit und die Frage, ob soziale Medien gut oder schlecht für die Karriere sind.


1. EU und Japan unterzeichnen Freihandelsabkommen
(zeit.de, Lisa Hegemann und Sybille Klormann)
Die Europäische Union und Japan haben ihr Freihandelsabkommen Jefta unterzeichnet. Der Handelsvertrag soll den Warenaustausch künftig einfacher und günstiger machen. Jefta gilt auch als Zeichen gegen den international zunehmenden Protektionismus. Die Details des Freihandelsplans erklären Lisa Hegemann und Sybille Klomann mit den wichtigsten Fragen und Antworten zu Jefta.

2. Japan und die EU setzen ein klares Zeichen – China sollte folgen
(nzz.ch, Peter A. Fischer)
Die EU und China kritisieren protektionistische Bestrebungen angesichts neuer Zölle in den USA. Peter A. Fischer fordert, auf die Äußerungen Taten folgen zu lassen. „Die EU und China tun gut daran, sich gegen Protektionismus zu wehren und sich für eine offene Weltwirtschaft zu engagieren“, schreibt er. „Aber verbindliche Zusagen, die den Marktzugang und das Investitionsklima verbessern, und erst recht ein Freihandelsabkommen wären viel wirksamer als unzählige diplomatisch wohlfeil formulierte, aber letztlich unverbindliche Absichtserklärungen.“

3. Wie Arbeitnehmer auch ohne Zölle geschützt werden können
(project-syndicate.org, Robert J. Shiller, englisch)
Donald Trumps Hauptargument für die Einführung neuer Zölle ist der Schutz von Arbeitsplätzen in den USA. Seine Handelspolitik steht aber in der Kritik, unter anderem weil sie der US-Wirtschaft mehr schaden als nutzen könnte. Robert J. Shiller gibt zu bedenken, dass die Globalisierung für einzelne tatsächlich negative Folgen haben kann. Statt Protektionismus fordert er jedoch ein System, das betroffenen Arbeitern hilft, ohne auf Zollschranken zu setzen.

4. Der Sommer kommt nicht schnell genug
(faz.net, Jochen Buchsteiner)
Die britische Regierungschefin Theresa May ringt weiter um Einigungen zum EU-Austritt ihres Landes. Nach den Rücktritten zweier Minister ist ihre Partei immer noch tief gespalten. May hofft jetzt auf die Sommerpause, die wieder für mehr Ruhe in der Regierung sorgen soll. Wie groß die Schwierigkeiten sind, zeigt aber die Abstimmung über ein Zollgesetz, das den Brexit begleiten soll.

5. Braucht man soziale Medien für die Karriere?
(work.qz.com, Hannah Seidlitz)
Facebook, Twitter, Instagram und Co. können eine ganz schöne Zeitverschwendung sein. Ständig neue Posts, das Warten auf Likes – darunter leidet mitunter die Produktivität. Dennoch sind Arbeitgeber offenbar nicht begeistert davon, wenn sich potenzielle Mitarbeiter ganz von den Online-Diensten trennen. Besonders in Berufen der Kreativindustrie gelten gut gepflegte Social-Media-Präsenzen sogar als Voraussetzung für Jobs und Aufträge.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Mehr Ordnungspolitik für bessere Kryptowährungen

$
0
0

Welche ordnungspolitischen Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit Kryptowährungen für Anleger und Konsumenten sicher sind? Henning Lindhoff zeigt die Herausforderungen von Regulierungsansätzen für digitale Währungen auf.

Jon Danielsson, Ökonom an der London School of Economics, ist sich sicher: Der Hype um Bitcoin und andere Kryptowährungen wird nicht mehr lange andauern. In einem Artikel für die Plattform „Vox“ schreibt er, dass die Regierungen mit Sicherheit dafür sorgen werden, dass das von ihnen kontrollierte Geld gesetzliches Zahlungsmittel bleibt. Insbesondere die US-Administration werde sich nicht zurückhalten.

Mit dieser Meinung steht Danielsson nicht allein da. In den Industriestaaten mehren sich kritische Stimmen, die die Alltagstauglichkeit von Bitcoin und Co., gerade mit Blick auf die potenziellen Gefahren für staatliche Geldmonopole, bezweifeln, vor Gefahren für Anleger warnen und finanzpolitische Regulierungsmaßnahmen fordern.

Wunder Punkt Steuerpolitik

Eine Umfrage der US-amerikanischen Online-Plattform Credit Karma zeigte vor wenigen Wochen die regulatorischen Fragestellungen rund um Kryptowährungen recht deutlich auf. Laut aktuellen Schätzungen werden aufgrund von Gewinnen mit Bitcoin und anderen Digitalwährungen alleine in den USA Kapitalsteuern für das Veranlagungsjahr 2017 in Höhe von rund 25 Milliarden US-Dollar fällig. Doch von 250.000 befragten US-amerikanischen Steuerpflichtigen gaben weniger als 100 an, dass sie ihre Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen versteuerten.

Die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) ist bereits aufgewacht und hat den Online-Handelsplatz Coinbase um Angabe umfangreicher Informationen über seine Kunden gebeten. Als sich Coinbase weigerte, ging die IRS vor Gericht. Coinbase wurde zur Preisgabe der aktivsten 13.000 Nutzer verpflichtet.

„Obwohl Deutschland, Frankreich und Japan schon mehrfach darauf gedrängt haben, Kryptowährungen gemeinsam strenger zu regulieren, ist bislang kein Konsens hergestellt worden.“

Vor allem Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat sich bereits mehrfach negativ über Kryptowährungen geäußert. In einem IWF-Blogpost erläuterte sie die „dunkle Seite“ von Bitcoin als Vehikel für Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Doch obwohl Deutschland, Frankreich und Japan mehrfach schon darauf gedrängt haben, Kryptowährungen gemeinsam strenger zu regulieren, ist bislang noch kein Konsens dafür hergestellt worden.

Insbesondere das Financial Stability Board (FSB) hat den Regulierungsvorhaben bislang einen Riegel vorgeschoben. Das FSB ist dafür zuständig, das globale Finanzsystem zu überwachen. Damit fällt es dem Board zu, Gefahren für das Finanzsystem zu identifizieren und zu benennen. Unter anderem sind die Weltbank und die Europäische Zentralbank Mitglieder des Financial Stability Boards. Bei seiner Studie zum Gefahrenpotenzial der Kryptowährungen für das Weltwirtschaftssystem kam es zum Schluss, dass ein Verbot von Kryptowährungen aktuell noch kein vorrangiges Thema für den IWF sei. Allerdings werde es nun Metriken identifizieren, „um die Beobachtung der durch Krypto-Assets ausgehenden Risiken für die finanzielle Stabilität zu verbessern.” Das Financial Stability Board begründet seine Einschätzung zur Regulierung von Kryptowährungen mit deren geringem Anteil am globalen Finanzsystem. Auf dem All Time High der Marktkapitalisierung im Dezember 2017 betrug dieser gerade mal ein Prozent des globalen BIP.

Ein zusammenkopiertes White Paper, ein schlecht durchdachter Use Case, dazu ein bisschen Marketing – fertig ist so manche Geldmaschine, die sich als Initial Coin Offering (ICO) zurzeit auf den Markt begibt. Damit ist eine unregulierte Methode des Crowdfundings von Firmen beschrieben, deren Geschäftsmodell auf Kryptowährungen basiert. Mit dieser Methode der erstmaligen Kapitalaufnahme vermeiden Kryptowährungsfirmen den streng regulierten Prozess der Kapitalaufnahme, der von Risikokapitalgebern, Banken oder Börsen vorgeschrieben wird. In einem Initial Coin Offering wird ein Anteil einer neu emittierten Kryptowährung an Anleger verkauft im Austausch gegen staatlich emittierte Währungen oder gegen andere Kryptowährungen wie beispielsweise Bitcoin. Eine große Mehrheit dieser Start-ups scheitert bereits in den ersten Monaten nach Gründung – entweder weil der angepriesene Mehrwert keiner ist oder weil ihre Gründer sich mit den eingenommenen Summen aus dem Staub machen.

Aus verhaltensökonomischer Perspektive sind ordnungspolitische Maßnahmen zu begrüßen. Die psychologischen Fallstricke auf dem ICO-Markt wecken Erinnerungen an die Blütezeit des Investmentbankings in den 70er und 80er Jahren. Auch dieser Markt musste zum Schutz unbedarfter, uninformierter Anleger geordnet werden. Die strafrechtliche Verfolgung des Insiderhandels hat diesen Markt gestärkt und dem Ruf der Makler geholfen. Eine solche Regulierung wird auch den aus technischer Sicht verheißungsvollen Markt der Blockchains und Kryptowährungen in ruhige Fahrwasser und produktive Bahnen bringen. Auch hier müssen Anleger geschützt, Informationsdivergenzen begradigt und Interessenskonflikte verhindert werden. Die Kunst ist es auch diesmal, den Bogen nicht zu überspannen.

Fortschritte auf dem asiatischen Markt

Nachdem China und Südkorea im vergangenen Jahr sehr restriktiv  gegen Tauschbörsen vorgegangen sind, streben beide Länder mittlerweile einen ordnungspolitisch sinnvollen juristischen Rahmen an. Die koreanische Financial Intelligence Unit (KFIU) erkennt Krypto-Börsen mittlerweile als Finanzinstitute an, was deren Legitimität in Zukunft wieder stärken wird. Dies hat jedoch auch zur Folge, dass sich die Börsen den gleichen Prüfprozessen stellen, die auch Geschäftsbanken und Wertpapierbörsen durchlaufen müssen. Auch Japan versucht aktuell eine Vorreiterrolle bei der Regulierung von Kryptowährungen einzunehmen. Allem Anschein nach entsteht im asiatischen Raum so etwas wie ein zukünftiges „Blockchain Valley“.

Hoffnungen weckt auch eine gemeinsame Initiative der deutschen und französischen Finanzministerien. Die Verantwortlichen beider Regierungen wollen in den kommenden Monaten eine gemeinsame Strategie entwickeln, den Krypto-Handel in geordnete Bahnen zu lenken. Das Bundesfinanzministerium sprach sich in diesem Zusammenhang klar für eine transnationale Regulierung von Kryptowährungen aus.

Gefahren minimieren, Chancen erhalten

Eine baldige deutsch-französisch geführte europäische Initiative zur weiteren Regulierung des Krypto-Handels ist zu begrüßen, wird aber voraussichtlich noch Zeit benötigen. Der europäische Ansatz muss darauf abzielen, die Risiken für Verbraucher zu minimieren, ohne die Kryptowährungen ihrer technischen Möglichkeiten zu berauben.

Eine solche nachhaltig gedachte Regulierung ist vor allem nötig, um der Blockchain zu einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz zu verhelfen und diese somit wahrhaft im Privaten wie im Geschäftlichen massentauglich zu machen.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Fachkräfte, Brexit, US-Wirtschaft, Steuern, Gehälter

$
0
0

In den Linktipps geht es heute um den Umgang der Wirtschaft mit dem Fachkräftemangel, neue Kritik an Theresa Mays Brexit-Strategie, um den vom US-Präsidenten reklamierten „Trump-Effekt“ auf die Wirtschaft und die Verschwendung von Steuergeldern. Außerdem: Warum lügen bestimmte Ehepaare über ihre Einkommensverhältnisse?


1. „Als wären das niedere Arbeiten“
(zeit.de, Nadine Oberhuber)
Der zunehmende Fachkräftemangel ist ein Problem für die ganze Wirtschaft. Bestimmte Branchen sind aber besonders stark betroffen – zum Beispiel das Gastgewerbe und die Pflegebranche. Zeit Online hat mit den Arbeitgebern darüber gesprochen, wie sie auf die Situation reagieren und trotz eines leer gefegten Arbeitsmarktes Mitarbeiter anwerben können.

2. „Wir wählen die ökonomische Vasallenschaft“
(handelsblatt.com, Carsten Volkery)
Der vergangene Woche zurückgetretene britische Außenminister Boris Johnson meldet sich mit einer Rede im Parlament zurück und kritisiert die Pläne von Premierministerin Theresa May, die enge wirtschaftliche Beziehungen zur EU behalten will. „Mit dem Auftritt im Unterhaus machte Johnson deutlich, dass er die Rebellion gegen die Premierministerin von den Hinterbänken aus anführen will“, urteilt Carsten Volkery.

3. Gibt es einen Trump-Effekt für die US-Wirtschaft?
(VoxEU, Benjamin Born, Gernot Müller, Moritz Schularick, Petr Sedlácek, englisch)
Wachstum und Beschäftigung in den USA waren in den letzten 18 Monaten robust, und Präsident Trump schreibt sich diese Trends häufig persönlich zu. Ökonomen aus Bonn, Tübingen und Oxford haben nun untersucht, wie sich die US-Wirtschaft ohne Trump entwickelt hätte. Ihre Analyse zeigt keinen Unterschied zwischen der Performance der US-Wirtschaft nach Trumps Wahlsieg und einer synthetischen „Doppelgänger“-Wirtschaft ohne Trump, was darauf hindeutet, dass es keinen „Trump-Effekt“ gegeben hat.

4. Hier verpulvert der Staat das Geld
(wiwo.de)
Die Einkommensbelastungsquote liegt laut dem Bund der Steuerzahler aktuell bei 54,3 Prozent und ist damit so hoch wie noch nie zuvor. Das bedeutet rein rechnerisch, dass die Deutschen wieder mehr als sechs Monate lang allein für den Staat gearbeitet haben. Erst seit gestern fließen die Einkünfte dann in dieser Betrachtung in das eigene Portemonnaie. Der Steuerzahlerbund kritisiert das mit Blick auf Fälle, in denen Steuergeld verschwendet wird. Im Fokus stehen dabei millionenschwere Förderprogramme.

5. Wenn Männer über ihr Einkommen lügen
(work.qz.com, Corinne Purtill, englisch)
Bei den meisten Ehepaaren verdient der Mann immer noch mehr Geld als die Frau. In den USA ist es in rund 22 Prozent der Haushalte aber umgekehrt: Da erwirtschaften Frauen das größere Einkommen. Forscher sind bei diesen Paaren auf ein interessantes Verhaltensmuster gestoßen. In Befragungen machen sie deutlich öfter falsche Angaben über ihre Einkommensverhältnisse als Paare, in denen Männer die Hauptverdiener sind. Dafür gibt es faszinierende Erklärungen.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Brexit, EU, Zölle, Target, Entwicklungsländer

$
0
0

In den Linktipps geht es heute um die wirtschaftlichen Folgen des Brexit, die Reaktion der EU auf zunehmenden Protektionismus und die Warnung vor Autozöllen in den USA. Außerdem: Wie problematisch sind die Target-Salden, und welche Folgen haben die Handelskriege für Entwicklungsländer?


1. Nur bei einem von drei Brexit-Szenarien kommt Europa glimpflich davon
(welt.de, Hannelore Crolly)
EU-Minister wollen heute in Brüssel über die Brexit-Vorschläge der Regierung von Premierministerin Theresa May beraten. Der britischen Regierungschefin schwebt eine Freihandelszone mit der EU für den Güterhandel vor. Der Internationale Währungsfonds warnt unterdessen, dass es bei dem Austritt der Briten aus der EU keine Gewinner gebe. Ein harter Brexit würde den Rest der EU 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung kosten.

2. Ein EU-Schutzmäntelchen für Protektionismus
(nzz.ch, Gerald Hosp)
In der EU gibt es derzeit neuen Schub für Freihandel: ein Abkommen mit Japan, Gespräche mit China über Reformen der WTO und laute Kritik am protektionistischen Kurs der USA. Doch trotz des Eintretens für den Freihandel führt die EU nun Schutzzölle ein, um europäische Unternehmen vor zunehmenden Importen abzuschotten, die durch die US-Zölle ausgelöst werden. Gerald Hosp warnt, dass dieser Schuss nach hinten losgehen könnte.

3. Deutsche Autoindustrie warnt Trump
(sueddeutsche.de, Claus Hulverscheidt)
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump bereitet Zölle von 25 Prozent auf Autoimporte vor. Das soll offiziell der nationalen Sicherheit Amerikas dienen und ganz nebenbei auch die heimische Industrie stärken. Vertreter aus Deutschland warnen nun den US-Handelsminister vor schwerwiegenden Folgen, die auch amerikanische Hersteller treffen würden. Auch die US-Autobauer sind gegen Trumps Pläne.

4. Der Euro funktioniert nicht
(focus.de, Marc Friedrich und Matthias Weik)
Die sogenannten Target2-Salden der Bundesbank sind auf den neuen Rekordwert von 976 Milliarden Euro gestiegen. Unter Ökonomen ist umstritten, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Die einen sehen in den Target-Werten nur eine reine Verrechnungseinheit ohne große Bedeutung. Andere sehen darin reale Forderungen der Deutschen, die bisher nicht beglichen wurden. Marc Friedrich und Matthias Weik erklären, was an der Situation problematisch sein könnte.

5. Wie Handelskriege den Entwicklungsländern schaden
(Weltbank-Blog, Caroline Freund, englisch)
Was in der Debatte über die derzeitige Eskalation von Handelsstreits selten diskutiert wird, sind die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer, die auf den Handel als Motor des Wirtschaftswachstums im Kampf gegen die Armut angewiesen sind. In einem neuen Arbeitsdokument der Weltbank hat das Team um Caroline Freund die Auswirkungen dieser neuen Zölle und das Potenzial für eine Zolleskalation in Entwicklungsländern analysiert: „Wir haben festgestellt, dass die neuen Handelszölle den bilateralen Handel dämpfen, die globalen Lieferketten stören und die Nachfrage nach Ersatzstoffen aus Entwicklungsländern erhöhen werden.“

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Mehr Wohlstand durch Innovationen

$
0
0

Deutschlands privatwirtschaftliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind auf einem guten Niveau. Doch die Politik steht vor der Herausforderung, die Innovationskraft in Deutschland zu steigern.

Dieser Policy Brief entstand auf Grundlage des ECONWATCH-Meetings „Forschungs- und Innovationspolitik: Herausforderungen für die neue Legislaturperiode“ mit Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D. (Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Das Video wurde im Vorfeld der Veranstaltung aufgenommen.

Forschung und Innovation können einen wesentlichen Beitrag zu mehr Wachstum und Wohlstand leisten. Sie können helfen, in einer alternden Bevölkerung die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu sichern und eine längere Partizipation im Arbeitsleben zu ermöglichen. Zudem ist technischer Fortschritt auch eine Voraussetzung dafür, vereinbarte Klimaziele zu erreichen. In der öffentlichen Debatte wird technischer Fortschritt hingegen oftmals mit Sorgen zum Beispiel im Hinblick auf drohenden Arbeitsplatzverlust oder zunehmende Ungleichheit assoziiert. Damit die Chancen des Fortschritts genutzt werden können, müssen gute Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation geschaffen werden. Dazu gehören neben einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur eine an die aktuellen Herausforderungen angepasste Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wettbewerbspolitik, der Zugang zu Wagniskapital, eine verbesserte digitale Bildung sowie der Ausbau der Exzellenzforschung an den Universitäten.

Deutschland steht im internationalen Vergleich in Sachen Forschungs- und Innovationspolitik relativ gut da. Die Forschungs- und Entwicklungsquote, das heißt der Anteil der F&E-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt, ist von circa 2,5 Prozent im Jahr 2006 auf knapp drei Prozent im Jahr 2016 gestiegen. Damit bewegt sich Deutschland auf das Spitzenfeld der OECD-Staaten zu. Zusammen mit China, den USA und Japan gehört Deutschland zu den führenden Nationen bei den transnationalen Patentanmeldungen. Während China, Schweden, Südkorea und die USA sich auf den Bereich der Spitzentechnologie (Industriebranchen, die mehr als neun Prozent ihres Umsatzes in F&E investieren) spezialisiert haben, ist Deutschland im Bereich der hochwertigen Technologien (Anteil der F&E-Investitionen zwischen drei und neun Prozent des Umsatzes) stark. Entsprechende Technologien kommen vor allem in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der chemischen Industrie zum Einsatz. Dies sind zugleich die besonders exportaktiven Wirtschaftsbereiche.

Defizite weist Deutschland dagegen im Bereich der Digitalisierung auf. Nachholbedarf besteht vor allem beim Ausbau von Hochleistungs-Breitbandnetzen und bei der digitalen Bildung. Digitale Technologien, die auf Big Data, Cloud Computing, künstlicher Intelligenz oder Robotik basieren, ermöglichen neue Geschäftsmodelle beziehungsweise stellen etablierte Ansätze in Frage. Plattformangebote wie die Vermittlung von Fahrdiensten, Übernachtungen und Ähnliches haben bereits gezeigt, welche Dynamik von digitalen Anwendungen ausgehen kann. Digitale Anwendungen sind auch zentral für eine erfolgreiche Energiewende, also die Transformation unseres Energieversorgungssystems weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien. Damit die Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den neuen Herausforderungen gerecht werden können und Deutschland die Vorteile der Digitalisierung nutzen kann, sollte die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien in allen Ausbildungsstufen sowie im Weiterbildungssystem gestärkt werden. Schon heute besteht ein wachsender Fachkräftemangel im IT-Bereich.

Forschung und Innovation sind wesentliche Treiber für Produktivitätswachstum und sichern Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität. Dabei ist es wichtig, sowohl (radikale) Innovationen zu entwickeln als auch diese in eine breite Anwendung zu bringen. Radikale Innovationen sind vielfach Ergebnis von Grundlagenforschung. Diese sollte daher gestärkt werden. In den letzten zehn Jahren wurden mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen und dem Pakt für Forschung und Innovation, der die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen stärkt, Fortschritte erzielt. Durch steigende Mittel für Forschung und Innovation und mehr Wettbewerb zwischen Universitäten beziehungsweise Fakultäten haben die Qualität der Forschung und die Reputation deutscher Wissenschaftler zugenommen.

Damit neue Technologien, neue Produkte und neue Prozesse aufgegriffen und marktfähig gemacht werden, müssen die digitale Infrastruktur wirkungsorientiert ausgebaut und die regulatorischen Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden. Hier sind vielfältige Politikbereiche angesprochen: so zum Beispiel das Wettbewerbsrecht, wenn es darum geht, neuen Anbietern freien Marktzugang zu gewähren und monopolistische Tendenzen von Plattformanbietern im Auge zu behalten, oder die Arbeitsmarktpolitik, um zum Beispiel flexibles Arbeiten, Telearbeit oder die Nutzung digitaler Technologien am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Und nicht zuletzt ist ein guter Zugang zu (Wagnis-)Kapital wichtig, damit innovative Unternehmen entstehen und wachsen können. Da es in der Natur von Innovationen liegt, dass im Vorhinein nicht bekannt ist, was genau herauskommt und wofür eine neue Technologie genutzt werden kann, ist es wichtig, Lernprozesse zu erlauben. Wird staatliche Förderung eingesetzt, sollte sie daher technologieoffen gestaltet sein und nicht zu früh alternative Problemlösungen oder bisher nicht bekannte Anwendungen ausschließen.

Innovationen sind zentral für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Damit dieser entstehen kann, ist ein innovationsfreundliches Umfeld wichtig. Da Innovationen teilweise mit Sorge begegnet wird und sie neben Chancen für viele auch negative Auswirkungen für einige, zum Beispiel in der Einkommensverteilung, haben können, sollten die Chancen des technischen Fortschritts deutlich kommuniziert und flankierende Maßnahmen insbesondere in der Aus- und Weiterbildung ergriffen werden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sämtlicher Bildungsstufen vom technischen Fortschritt profitieren können.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Big Data, Arbeitszeit, Steuern, Yuan, Protektionismus

$
0
0

Heute geht es in den Linktipps um den ethischen Rahmen von Big Data, mögliche Vorteile eines Sechs-Stunden-Arbeitstages, sinkende Unternehmenssteuern und einen drohenden Währungskrieg. Zudem beschäftigen wir uns mit den Kosten des Trump’schen Protektionismus.


1. Ethik, Recht und Akzeptanz von Big-Data-Anwendungen
(blicklog.com, Dirk Elsner, Video)
Unter welchen Umständen dürfen Firmen die Daten ihrer Kunden nutzen? Welche moralischen Grenzen sollten sie dabei einhalten? Hat Deutschland eine Vorbildrolle, was den Datenschutz angeht? Zukunftsfragen wie diese diskutieren Wissenschaftler und Behördenvertreter bei einer Podiumsdiskussion von Fraunhofer Innovisions. Außerdem fragen sie: Was nützt die DSGVO tatsächlich?

2. In dieser deutschen Firma arbeiten Angestellte nur sechs Stunden am Tag
(welt.de, Miriam Zerbel)
Die 40-Stunden-Woche bröckelt. Immer öfter hört man von Firmen, in denen die Mitarbeiter nur noch sechs Stunden am Tag arbeiten, aber das Gehalt für acht Stunden bekommen. Ist das ein Modell für die Zukunft oder nicht mehr als ein Marketing-Gag? Miriam Zerbel hat sich die Entwicklung für die „Welt“ angesehen.

3. Die fehlenden Erträge der Staaten
(voxeu.org, Thomas Tørsløv, Ludvig Wier und Gabriel Zucman, englisch)
Gemessen an den Unternehmenssteuersätzen aus den achtziger Jahren, müssen Firmen heute deutlich weniger zahlen. Die Wissenschaftler Thomas Tørsløv, Ludvig Wier und Gabriel Zucman haben sich den Race-to-the-bottom angesehen und beschreiben auf Voxeu, welche Auswirkungen Steueroasen auf die Einnahmenentwicklung der Staatshaushalte haben.

4. Kommt jetzt der Währungskrieg?
(faz.net, Redaktion)
Der Kurs der chinesischen Währung Yuan ist auf den niedrigsten Wert seit einem Jahr gesunken. Manipuliert die chinesische Regierung ihre Währung, um die eigenen Exporte für Käufer im Ausland erschwinglicher zu machen? Donald Trump meint Ja – und Analysten fürchten eine neue Front im weltweiten Handelsstreit. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung erklärt die möglichen Folgen.

5. Der Preis des Protektionismus
(fee.org, Daniel J. Mitchell, englisch)
Ob Konsumenten, exportierende Firmen, Händler, Investoren oder Arbeiter – unter der protektionistischen Politik des US-Präsidenten Donald Trump leiden viele Amerikaner. Der Ökonom Daniel J. Mitchell hat die Auswirkungen der Zölle auf verschiedene Gruppen analysiert.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.


5 vor 10: Autobauer, Sklaverei, Rentenangst, Bier, Brexit

$
0
0

Wie Autohersteller ihre mittelständischen Zulieferer auspressen, warum Afrika das Zentrum der modernen Sklaverei ist und wieso die Rentenangst in Deutschland immer weiter wächst, haben wir heute in den Linktipps. Zudem beschäftigen wir uns mit dem Mangel an Bierflaschen und dem Ausgang des Brexits.


1. Wie Autobauer ihre mittelständischen Zulieferer auspressen
(wiwo.de, Annina Reimann)
Die kleineren Zulieferer der Autoindustrie, jene, die etwa kleine, vielleicht sogar austauschbare Produkte herstellen, beklagen, von den Autobauern mittels Rabatten und sogenannten „Eintrittsgeldern“ ausgepresst zu werden. Annina Reimann hat sich die Problematik angesehen und beschreibt, warum sich die Hersteller sich mit einzelnen Praktiken juristisch auf dünnem Eis bewegen könnten.

2. Afrika als das Zentrum der modernen Sklaverei
(qz.com, Abdi Latif Dahir, englisch)
In zahlreichen Ländern ist Sklaverei auch noch heute an der Tagesordnung. Besonders häufig in Afrika: In Eritrea etwa werden durchschnittlich 93 von 1.000 Personen zum Opfer von Sklaverei. Aber auch in Nordkorea, dem Iran oder Kambodscha werden viele Menschen zum Arbeiten gezwungen. Abdi Latif Dahir hat für Quartz den aktuellen Global Slavery Index ausgewertet.

3. Die große Rentenangst
(zeit.de, Nadine Oberhuber)
Nahezu jede zweite gesetzliche Rente liegt bei nur 800 Euro, zeigen aktuelle Daten des Bundesarbeitsministeriums. Mit dem weiter sinkenden Rentenniveau könnten in Zukunft breite Bevölkerungsschichten von Armut betroffen sein – gerade in den Großstädten mit den hohen Mieten, schreibt Nadine Oberhuber.

4. „Jetzt bloß nicht das Pfand erhöhen“
(blogs.faz.net/bierblog, Tillmann Neuscheler)
Dank Rekordsommer und Fußballweltmeisterschaft gehen den deutschen Bierbrauern die Pfandflaschen aus. Tillmann Neuscheler beschreibt bei Faz.net, wie es zu der Knappheit kommt und welche Rolle dabei die Höhe des Pfandbetrages spielt.

5. Vom Brexit zum „Breferendum“
(project-syndicate.org, Anatole Kaletsky, englisch)
Das Versprechen an die britische Bevölkerung war, dass der Brexit sie nicht in ihrer Freizügigkeit in Europa einschränken würde, sie wohl aber keine Beiträge mehr an die EU zahlen würden müssten. Anatole Kaletsky analysiert auf Project Syndicate, wieso den Verhandlern genau diese Selbsttäuschung nun auf die Füße falle.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Handelskrieg, Gold, Aktien, Meisterzwang, Populismus

$
0
0

Heute in den Linktipps: Was Juncker bei Trump erreichen kann, warum der Goldpreis fällt und wo eigentlich Aktien lagern. Außerdem: Experten warnen vor der Rückkehr zum Meisterzwang, und ein Investor sieht im Aufstieg des Populismus die größte Gefahr für die Weltwirtschaft.


1. „Zölle sind das Größte“
(faz.net, Julia Löhr, Werner Mussler)
US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker treffen heute in Washington aufeinander. Viele Hoffnungen haben die Europäer nicht, den Handelsstreit beizulegen. Die FAZ stellt drei Szenarien vor, wie es weitergehen könnte.

2. Investoren treiben Wetten gegen Gold auf Rekordniveau
(manager-magazin.de, Christoph Rottwilm)
Hedgefonds wetten massiv gegen den Goldpreis. Zwei Trends sehen sie auf ihrer Seite: Das Edelmetall wird in Dollar gehandelt, und weil der immer fester wird, verteuert es sich außerhalb des Dollar-Raums. Das drückt auf die Nachfrage. Zudem dürften die steigenden Zinsen in den Vereinigten Staaten auch direkt als Belastung wirken, denn sie machen andere Geldanlagen attraktiver.

3. Wo lagern eigentlich die Aktien meines Depots?
(wiwo.de, Insa Glag)
Kauft eine Fondsgesellschaft Wertpapiere, werden die hinterher bei einer sogenannten Verwahrstelle deponiert. Doch der Markt für diese Verwahrstellen (ehemals Depotbanken) hat sich zuletzt drastisch verändert: Schärfere regulatorische Anforderungen und ein harter Preiskampf setzen insbesondere kleine Anbieter unter Druck.

4. Experten sehen extreme Folgen bei Rückkehr zur Meisterzwang
(welt.de, Michael Gassmann)
Der Druck, den Meisterzwang bei vielen Handwerksberufen wieder einzuführen, ist enorm. Kritiker wittern eine Abschottung der Märkte auf Kosten der Verbraucher. Schließlich ist es schon jetzt häufig schwierig, einen Handwerker zu finden.

5. „Nationalismus ist die größte Gefahr“
(capital.de, Stefanie Unger)
William Browder ist Mitgründer und CEO der Fondsgesellschaft Hermitage Capital Management. Der als kluger Denker und Autor bekannte Manager sieht in politischen Risiken die größte Gefahr für die Weltwirtschaft. Vor allem Populismus und Nationalismus bedrohten den Aufschwung. „Wir erleben derzeit erst den Anfang davon – es wird noch viel schlimmer werden“, sagt er im Interview.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Re-Regulierung des Handwerks: Vorwärts in die Vergangenheit

$
0
0

Auf Druck des Handwerksverbands ZDH will die Politik den Meisterzwang wiedereinführen. Die Auswirkungen auf das Angebot wären verheerend und würden die Preise für Kunden in die Höhe treiben.

Weil Handwerker derzeit knapp sind und viele Menschen über mangelnden Service klagen, nutzt der Handwerksverband ZDH die Gunst der Stunde und möchte die Meisterpflicht für jene Handwerksbereiche, die 2004 dereguliert wurden, wieder einführen. Sekundiert wird ihm von Politikern der Union wie auch der SPD, denn angeblich habe der Verzicht auf den Meisterbrief in 53 Berufsfeldern – die aber nur für ein Fünftel aller Beschäftigten im Handwerk stehen – nicht nur die Qualität gesenkt, sondern auch zum Rückgang der Ausbildungszahlen geführt. Tatsächlich hat die Anzahl der Auszubildenden im Handwerk in den letzten 20 Jahren um etwa 40 Prozent auf zuletzt noch 365.000 abgenommen.

Stichhaltig sind die Argumente jedoch trotzdem nicht. Keine Studie kann belegen, ob die Qualität der Arbeit von Fliesenlegern, Jalousiebauern oder Schneidern überhaupt abgenommen hat – oder nur das allgemein verbreitete Gefühl, dass „früher alles besser war“, hinter dieser Aussage steckt. Unklar bleibt auch, ob die Leistungen von Handwerkern in den weiterhin zulassungsbeschränkten Feldern wie Maurer, Zimmerer oder Installateur von den Kunden besser bewertet werden als jene in den zulassungsfreien Berufen. Und natürlich steht es dem Kunden weiterhin frei, gezielt einen Meisterbetrieb zu beauftragen oder in Internet-Bewertungsportalen Unternehmen mit guten Leistungen auszuwählen.

Mit dem Ausbildungsargument wiederspricht sich der ZDH in gewisser Weise sogar selbst, denn bereits jetzt gibt es im Handwerk etwa 20.000 unbesetzte Ausbildungsplätze in Meisterbetrieben, für die sich keine Bewerber finden. Wie zusätzliche Meisterbetriebe – für die es allerdings derzeit auch gar keine Meister gibt – angesichts mangelnder Interessenten für eine Handwerkslehre zu mehr Ausbildung von Fachkräften führen sollen, bleibt unter diesen Bedingungen schleierhaft.

Klar auf der Hand liegen jedoch die Wettbewerbseffekte: Mit dem Hochziehen von vor 14 Jahren mühsam geschleiften Hürden werden Handwerksleistungen in einer Zeit weiter verknappt, in der es ohnehin eine Vollauslastung der Kapazitäten und lange Wartezeiten gibt. Müssten viele der Soloselbstständigen in den 53 von der Meisterpflicht befreiten Handwerksberufen ihr Geschäft aufgeben und wieder bei einem Meisterbetrieb arbeiten, dürften die Preise deutlich steigen. Während Solohandwerker teilweise für 20 Euro pro Stunde arbeiten, berechnen Handwerksbetriebe in den 41 weiterhin regulierten Bereichen etwa 55 Euro pro Stunde. Viele Kunden dürften von derartigen Stundensätzen aber finanziell überfordert sein und auf Schwarzarbeit oder Eigenleistung ausweichen – mit entsprechenden Folgen für Qualität und Sicherheit.

Zudem widerspricht ein Ausbau der Regulierung in einem zentralen Wirtschaftsbereich diametral den Empfehlungen, die internationale Ökonomen beispielsweise der OECD für die deutsche Wirtschaftspolitik gegeben haben. Durch den demografischen Wandel wird Deutschland von einer weiteren Verlangsamung des Produktivitätswachstums bedroht, denn produktivitätssteigernde Innovationen werden zumeist von jungen Forschern und Entrepreneuren in das Wirtschaftsgeschehen eingebracht. Um diesen wohlfahrtsmindernden Effekt auszugleichen, werden nicht nur mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Digitalisierung angeregt, sondern auch ein Abbau innovationshemmender Regulierungen im Dienstleistungssektor und weiteren Wirtschaftsbereichen wie dem Handwerk.

So bleibt nur zu hoffen, dass es den Regulierungsbefürwortern nicht gelingt, einen europarechtskonformen Weg zur Ausweitung der Meisterpflicht zu finden. Denn die hohen Zugangshürden zum deutschen Markt für ausländische Handwerker waren der EU schon 2003 ein Dorn im Auge. Neben der Gründung neuer Betriebe und der Schaffung von Arbeitsplätzen war der Druck der EU-Wettbewerbshüter ausschlaggebend für die Reform: Der damalige Bundeswirtschaftsminister Clement kam mit der Eingrenzung der Meisterpflicht auf gefahrgeneigte Handwerke wie Elektroinstallateure oder Gerüstbauer einem Verfahren aus Brüssel zuvor. Bei einer Wiedereinführung des „Großen Befähigungsnachweis“ in den 53 aktuell befreiten Berufen dürfte die EU Kommission daher kaum tatenlos zusehen. Eine „Lösung“ könnte die Beschränkung der Zugangshürde auf Inländer sein, während z.B. ausgebildete polnische Handwerker weiterhin ihre Leistungen ohne Meisterbrief anbieten dürften. Eine derartige Inländerdiskriminierung wäre aber einerseits kaum zu vermitteln und andererseits vollkommen wirkungslos, da der Boom der Kleinstunternehmen in den zulassungsbefreiten Handwerksbereichen gerade von Gründern aus dem EU-Ausland getragen wurde.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Geldpolitik, Familienplanung, Zölle, Handelsstreit, Kartelle

$
0
0

Heute geht es in den Linktipps um die Geldpolitik in fünf Jahren, die wirtschaftlichen Vorteile von Familienplanung, eine Welt ganz ohne Zölle sowie das Kotkartell im Senegal. Zudem beleuchten wir, ob der Handelsstreit zwischen den USA und Europa nun wirklich ein Ende hat.


1. Geldpolitik in fünf Jahren
(themoneyillusion.com, Scott Sumner, englisch)
Spätestens 18 Monate nachdem die Arbeitslosenquote aufhört zu sinken, gerät die Wirtschaft in eine Rezession, zeigt eine Grafik für die USA. Der Ökonom Scott Sumner, der an der Bentley Universität gelehrt hat, hat sich angesehen, was dieser Zusammenhang für die Geldpolitik in den nächsten fünf Jahren für Konsequenzen haben dürfte.

2. Die wirtschaftlichen Vorteile von Familienplanung
(project-syndicate.org, Natalia Kanem, englisch)
Gerade für Frauen in Entwicklungsländern ist es schwierig, Empfängnisverhütung zu betreiben – vielleicht weil sie nicht ausreichend darüber informiert sind oder weil es schlicht zu teuer ist. Natalia Kanem, Direktorin des Population Fund der United Nations beschreibt, welche ökonomischen Vorteile es für Frauen hat, den Kinderwunsch zu planen – und wieso es sich lohnen könnte, ihnen dabei finanziell unter die Arme zu greifen.

3. Ist der Handelskrieg nun zu Ende?
(washingtonpost.com, Heather Long und Steven Mufson, englisch)
Die angedrohten Autozölle sollen nicht umgesetzt werden, der Streit um Stahl- und Aluminiumzölle soll in Verhandlungen gelöst werden – so lauteten die Meldungen gestern. Daraus zu schließen, dass der Handelskrieg zwischen den USA und Europa nun zu Ende ist, sei aber falsch, schreiben Heather Long und Steven Mufson in der Washington Post. Sechs Gründe führen die Autoren dafür auf.

4. Zollfreiheit ist auch keine Lösung
(wirtschaftlichefreiheit.de, Tim Krieger)
Einfach keine Zölle mehr zu erheben würde die Konflikte in der Weltwirtschaft nicht lösen, schreibt Tim Krieger, Wilfried-Guth-Stiftungsprofessor für Ordnungs- und Wettbewerbspolitik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Denn die Regierungen dieser Welt würden schließlich nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach politischen Maßstäben handeln – und diese seien eben auch geleitet von Verteilungsfragen.

5. Das Kotkartell
(npr.org, Robert Smith, englisch, Podcast)
Die Firmen, die im Senegal die Latrinen mit großen Pumpwagen leeren, haben ihre Preise abgesprochen. Die Folge: Die Konsumenten suchen nach weniger teuren Alternativen, etwa dem Leeren per Hand. Die Problematik stellt Robert Smith im Planet Money-Podcast des National Public Radio vor.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Gutachten: Das kosten Heils Rentenpläne

$
0
0

Hubertus Heil will mit seinen Plänen die Rente stabilisieren. Gelingt ihm das? Prof. Dr. Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat die Pläne für die INSM durchgerechnet und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis.

Das komplette Gutachten können Sie hier herunterladen.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag weitreichende Änderungen bei der Rentenversicherung angekündigt. Nun liegt der Referentenentwurf für das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung („RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz“) vor. Als Ziel wird darin formuliert: „Ein angemessenes und stabiles Sicherungsniveau ist wichtig für die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung. Es muss generationenübergreifende vertrauensbildende Zusagen geben. Ebenso muss die Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler angemessen bleiben.“ Das hört sich zunächst gut an, aber schon diese Formulierung macht deutlich, wessen Interessen das höhere Gewicht haben: Während das Sicherungsniveau „stabil“ bleiben soll, ist die Formulierung bei der Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler schwächer: Sie soll „angemessen“ sein. Angemessen bedeutet aufgrund der massiven Leistungsausweitungen gegenüber dem Status quo „stetig und deutlich steigend“. Dies wird im Abschnitt „F. Weitere Kosten“ des Referentenentwurfs auch klar benannt: „Durch die Leistungsverbesserungen und die Absicherung des Sicherungsniveaus in Folge dieses Gesetzes wird das verfügbare Einkommen der Rentnerhaushalte erhöht. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass durch die Beitragssatzerhöhungen im Zeitverlauf das verfügbare Einkommen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sinkt und die Beitragslast der Arbeitgeber steigt.“ Hinzu kommt, dass auch der zu erwartende höhere Bundeszuschuss zur Rentenversicherung zu steigenden Steuern führen wird, was wiederum die verfügbaren Einkommen sowohl der Rentnerinnen und Rentner als auch der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler reduzieren wird.

Die Maßnahmen werden insgesamt erhebliche zusätzliche Lasten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler mit sich bringen, vor allem in der Zeit nach 2025, wenn das sogenannte demografische Zwischenhoch ausgelaufen sein wird. Da in Deutschland im Durchschnitt nur etwa 1,4 Kinder je Frau geboren werden, wird die Erwerbsbevölkerung langfristig zurückgehen. Dieser Effekt ist so groß, dass er unter realistischen Annahmen auch nicht durch mehr Zuwanderung oder andere Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigkeit vollkommen kompensiert werden könnte.

Das IWH hat im Auftrag der INSM berechnet, was die Maßnahmen aus dem Gesetzesentwurf für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung bedeuten. Die Mehrkosten aller Maßnahmen gegenüber dem Status quo (doppelte Haltelinie bei Sicherungsniveau und Beitragssatz, Aufstockung der Mütterrente, Verbesserungen für Erwerbsgeminderte sowie eine Ausweitung der Gleitzone bei sogenannten Midi-Jobs) schlagen sich bis zum Jahr 2025 zwar kaum nieder, belaufen sich langfristig aber auf etwa drei Prozent in Relation zum Durchschnittslohn. Dieser Lastenanstieg kommt zu dem ohnehin aufgrund der Alterung zu erwartenden Anstieg der Abgaben hinzu. Ohne Leistungsausweitungen steigt die effektive Abgabenlast (Rentenversicherungsbeitrag plus Steuern zur Finanzierung des Bundeszuschusses aus Steuermitteln) bereits um etwa acht Prozent in Relation zum Durchschnittslohn. Insgesamt ist also langfristig ein Anstieg der Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Beiträgen um über zehn Prozentpunkte zu erwarten. Allenfalls durch eine deutliche Erhöhung der Umsatzsteuer könnte dieser Anstieg etwas abgemildert werden.

Obwohl die zusätzlichen Maßnahmen also vor allem langfristig die Abgabenlast erhöhen werden, wird in dem Gesetzesentwurf nur bis zum Jahr 2025 über die Finanzierung nachgedacht. So heißt es in der Gesetzesbegründung: „Für die Einhaltung der Haltelinien bis zum Jahr 2025 werden die erforderlichen gesetzlichen Regelungen geschaffen und geeignete finanzielle Vorsorge getroffen. Für die Zeit nach dem Jahr 2025 erfolgt noch keine Festlegung.“

Es ist sicher richtig, dass es im Zusammenhang mit der Rentenversicherung ungelöste Verteilungsprobleme gibt. Altersarmut gibt es und sollte durch geeignete Maßnahmen gelindert werden. Die vorgesehenen Anpassungen bei der Behandlung der Einkommen zwischen 450 und 1300 Euro sind grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Von den Leistungsausweitungen profitieren aber auch gut situierte Rentnerinnen und Rentner, und zwar auf Kosten ihrer Kinder und Enkel. Viele Rentnerinnen und Rentner haben neben den gesetzlichen Renten auch noch andere Einkommensquellen oder haben nur für eine gewisse Zeit, zum Beispiel als Studierende, Arbeitseinkommen in der Spanne von 450 bis 1300 Euro bezogen, ohne im Alter bedürftig zu sein.

Es wäre viel gewonnen, wenn die Diskussion um Altersarmut und die allgemeine Rentenpolitik voneinander getrennt würden. Mit zunehmender Alterung wird sich die deutsche Gesellschaft in Zukunft nicht mehr leisten können, Umverteilung mit der Gießkanne zu betreiben. Ohnehin liegt der Schlüssel für auskömmliche Renten in der Erwerbsphase. Qualifikation und Gesundheit der Beschäftigten sowie Kinderbetreuungsmöglichkeiten stärker zu fördern wäre ein viel sinnvollerer Beitrag zur Vermeidung von Altersarmut, als die Leistungen für alle Rentnerinnen und Rentnern unabhängig von ihrer Bedürftigkeit auszuweiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Landwirtschaft, China, Meisterzwang, Geldpolitik, Inflation

$
0
0

In den Linktipps geht es heute um die Folgen des Handelskonflikts für die USA und China, außerdem um die Meisterpflicht im Handwerk und die neue Rolle der Zentralbanken. Zudem: Warum die Inflationsrate neu berechnet werden müsste.


1. Der Fleischberg nach dem Handelsstreit
(index.qz.com, englisch)
US-Präsident Donald Trump hat seiner Bevölkerung mehr Wohlstand durch eine „America first“-Politik versprochen. Der von ihm angestoßene Handelsstreit sorgt nun aber in vielen Teilen des Landes für Probleme. Besonders stark betroffen ist die US-Landwirtschaft, die unter den Gegenmaßnahmen der US-Handelspartner leidet. Wegen des sinkenden Exportgeschäfts haben die Amerikaner mehr als eine Milliarde Kilo an Fleischprodukten angehäuft. Die Kühllager werden nun knapp.

2. „China kann gegen die mächtige USA nicht viel ausrichten“
(zeit.de, Felix Lee)
Chinas wirtschaftlicher Aufstieg war in den vergangenen Jahrzehnten von der Rolle der Volksrepublik als Werkbank der Welt geprägt. Der Handelskonflikt mit den USA stellt das Geschäftsmodell des Landes nun in Frage. Der Streit sorge für enorme Verunsicherung unter chinesischen Unternehmern, sagt der Ökonom Zhang Jun: „Sie können überhaupt nicht mehr abschätzen, was auf sie in den nächsten Monaten zukommt. Das Vertrauen ist dahin.“

3. Die große Koalition bedroht den offenen Markt
(faz.net, Heike Göbel)
Die Regierung von Gerhard Schröder hat 2004 die Zahl der meisterpflichtigen Berufe von 94 auf 41 gesenkt. Damit hat sie aus Sicht von Heike Göbel den Wettbewerb gestärkt. Nun denkt die große Koalition darüber nach, den Schritt rückgängig zu machen. Das ist für Göbel kritikwürdig: „Wo ist der Wirtschaftsminister, wenn man ihn mal braucht? Je schneller Altmaier seinen Koalitionären erklärt, dass sie auf dem Holzweg sind, desto besser. Offene Märkte sind nicht nur durch Trump in Gefahr.“

4. „Wir bekommen in den USA ein unhaltbares Schuldenniveau“
(handelsblatt.com, Frank Wiebe)
Die renommierte US-Ökonomin Kristin Forbes lehrt und forscht an der amerikanischen Eliteuniversität MIT. Sie befasst sich unter anderem mit der neuen Rolle der Notenbanken, die die Institute nach der Finanzkrise eingenommen haben. Die Zentralbanken müssen sich aus ihrer Sicht umorientieren: „Sie müssen mit einrechnen, welche Effekte die eigene Politik auf andere Länder hat und wie das wiederum zurück auf das eigene Land wirkt. Weil das schwer vorherzusagen ist, sollten Notenbanken sich nicht zu weit im Voraus festlegen, was sie tun.“

5. Wird die Inflationsrate falsch berechnet?
(FAZit-Blog, Gerald Braunberger)
Manche Kritik an der Bemessung der Inflationsrate ist hanebüchen. Aber der Verweis auf selbst genutztes Wohneigentum hat Gewicht. In der Eurozone soll bald eine Entscheidung fallen, doch zu viel sollte man sich davon nicht erwarten, meint Gerald Braunberger. In der langen Frist ändern sich die Inflationsraten durch die Einbeziehung selbst genutzten Wohnraums nämlich nicht dramatisch.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: De-Globalisierung, Jobs, Digitalisierung, Kuba, Shenzen

$
0
0

Heute in den Linktipps: Was eine De-Globalisierung für die Welt und für Deutschland bedeuten würde. Außerdem: Deutschland muss bei der Digitalisierung mutiger werden, Kubas Wirtschaft öffnet sich langsam und Shenzen ist der Star unter den chinesischen Boom-Metropolen.


1. Abschied von der Weltwirtschaft
(sueddeutsche.de, Jan Willmroth)
Geht eine Ära zu Ende? Jan Willmroth sieht erste Anzeichen für eine De-Globalisierung. Die Entwicklung habe schon vor Trumps Präsidentschafts begonnen. Das Ende der internationalen Kooperation bedeutet für die Welt nichts Gutes.

2. Diese Entwicklung gefährdet deutsche Jobs
(welt.de, Carsten Dierig)
Gerade noch ein Viertel ihrer Umsätze erzielen die 30 größten börsennotierten deutschen Konzerne vor Ort in der Bundesrepublik, zeigt eine neue Studie. Trotzdem arbeitet hierzulande fast die Hälfte der Belegschaft von zuletzt gut vier Millionen Beschäftigten. Die Zahl der Jobs in der Heimat wächst schneller als der Umsatz im Ausland. Umso gefährlicher wäre ein Handelskrieg für den Arbeitsmarkt.

3. “Zu viele alte Strukturen und zu wenig Mut”
(faz.net, Carsten Knop)
Es ist in Deutschland für mehrere tausend Verwaltungsdienstleistungen noch immer notwendig, dass ein Dokument vom Bürger händisch unterschrieben oder sogar in der Behörde persönlich vorgesprochen werden muss. Nur eines von vielen Problemen, die angepackt werden müssen, findet Carsten Knop von der FAZ.

4. “Kuba mit Eis erklärt”
(qz.com, Richard E. Feinberg, Claudia Padrón Cueto, englisch)
Kuba öffnet sich der Marktwirtschaft. Wie das funktioniert und was das für Konsequenzen hat, sieht man am besten in den nun überall auftauchenden Eisdielen in dem einst streng sozialistischen Land.

5. Chinas Turbo-Stadt
(scmp.com, David Dodwell, englisch)
Die Städte des Reichs der Mitte entwickeln sich rasant. Unter den boomenden Metropolen sticht eine Stadt besonders hervor: Shenzen. In China spricht man schon von der “Shenzen-Geschwindigkeit”. Und der Boom dürfte weitergehen, denn China plant in dem Gebiet eine Mega-Metropolregion.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

 


5 vor 10: Industrie 4.0, Wirtschaftspolitik, Euro, Dürre, künstliche Intelligenz

$
0
0

Heute geht es in den Linktipps um die Fabrik der Zukunft, um die Folgen der Wirtschaftspolitik Donald Trumps, um die Geschichte des Euro und um künstliche Intelligenz im Handel. Außerdem beschäftigen wir uns mit den Milliardenforderungen des Bauernverbandes.


1. „Bis zur unbemannten Fabrik ist es noch ein langer Weg“
(wiwo.de, Andreas Menn)
Künstliche Intelligenz kann helfen, Fertigungsabläufe und Kapazitäten in den Fabriken der Zukunft besser zu planen. Andreas Daniel Küpper, Automationsexperte der Boston Consulting Group, erklärt im Interview, dass dieser Einsatz von künstlicher Intelligenz allerdings noch ein langer Weg sei – und welche Hürden bis dahin überwunden werden müssen.

2. Das große Missverständnis des Donald Trump
(Nevermindthemarkets, Markus Diem Meier)
Donald Trump kann Deals machen. Als Unternehmer versteht er etwas von Wirtschaft. Wer versteht, ein Unternehmen zu führen, eignet sich besonders gut als Wirtschaftspolitiker. Denn für den Erfolg der Gesamtwirtschaft ist schließlich das Gedeihen der Unternehmen entscheidend. So überzeugend dieses Argument klinge, so falsch sei es, kritisiert Markus Diem Meier: „Die Verwechslung der Bedürfnisse einer Volkswirtschaft mit denen eines Unternehmens birgt sogar grosse Missverständnisse und eine gefährliche Politik – eine Politik, wie sie Donald Trump betreibt.“

3. Der Euro am Beginn des dritten Jahrzehnts
(project-syndicate.org, Hans-Werner Sinn)
Mit der Festlegung der Wechselkurse in Europa vor gut 20 Jahren hätte die Party in Südeuropa begonnen, schreibt Hans-Werner Sinn auf Project Syndicate. Die Gehälter der Staatsbediensteten konnten steigen, die Renten erhöht und auch noch private Konsumausgaben finanziert werden – doch dann platzte die inflationäre Blase. Und nun komme die Zeit der Entscheidung, schreibt Sinn.

4. Die Landwirtschaft ist Teil des Problems
(sueddeutsche.de, Moritz Geier)
Der Bauernverband fordert Staatsgelder in Milliardenhöhe, um die Ernteausfälle durch die lange Trockenperiode ausgleichen zu können. Doch Dürren wie diese seien durch den Klimawandel bedingt, an dem die Landwirtschaft einen erheblichen Anteil habe, kommentiert Moritz Geier. Hilfen sollte es nur für nachhaltige Landwirtschaft geben, fordert er.

5. Wie künstliche Intelligenz den Handel verändert
(hbr.org, Victor Antonio, englisch)
Flexible Preise, die Quartalszahlen des nächsten Jahres oder der Verkauf personalisierter Produkte – künstliche Intelligenz kann den Handel in Zukunft massiv verändern. Victor Antonio hat ein Buch zum Thema geschrieben und beschreibt im Harvard Business Review, warum es essenziell ist, die verschiedenen Datenquellen im Unternehmen zu identifizieren, wenn man all diese Potenziale nutzen will.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Wie der Staat am privaten Stromkonsum verdient

$
0
0

Mehr als 10 Milliarden Euro haben die privaten Haushalte im Jahr 2017 über Ihren Stromkonsum an den Fiskus gezahlt. 2,6 Milliarden Euro davon verdient der Staat alleine durch die Besteuerung von politisch beschlossenen Abgaben.

Nirgends in der Europäischen Union müssen private Haushalte für ihren Stromkonsum tiefer in die Tasche greifen als in Deutschland.[1] Der deutsche Haushaltsstrompreis ist rund doppelt so hoch wie in den Nachbarländern Niederlande, Polen und Tschechien.

Strompreistreiber Nr. 1 ist der Staat

Dabei sind es nicht hohe Rohstoffpreise oder monopolistische Energiekonzerne, die den Strompreis in die Höhe getrieben haben. Der überwiegende Teil des deutschen Haushaltsstrompreises besteht aus politisch beschlossenen Preisaufschlägen. Im Jahr 2017 zahlten die Stromkunden mit 54 Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Strompreises als Steuern, Umlagen und weitere Abgaben. Die größte politisch verursachte Belastung ist dabei die EEG-Umlage, mit der der Ausbau der Erneuerbaren Energien subventioniert wird. Seit Einführung der Förderung haben die Stromverbraucher durch das Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) die Betreiber der Ökostrom-Anlagen mit rund 200 Milliarden Euro subventioniert.[2] Alleine im Jahr 2018 werden die Stromkunden voraussichtlich rund 25,6 Milliarden Euro Subventionen an die Ökostrom-Betreiber zahlen – mehr als in jedem anderen Jahr seit der Einführung der Förderung im Jahr 2000. Auch die Stromsteuer und weitere Abgaben, wie beispielsweise die KWK-Umlage, erhöhen den Strompreis. Für einen typischen privaten Haushalt[3] haben sich die Stromkosten seit dem Jahr 2000 auf rund 1.000 Euro mehr als verdoppelt. Die im Strompreis enthaltenen Abgaben haben sich im gleichen Zeitraum sogar mehr als verdreifacht. Der Strompreistreiber Nr. 1 ist der Staat.

Fiskus verdient am Stromkonsum

Dabei sind es nicht nur die Subventionen für die Energiewende, die die Strompreise in die Höhe treiben. Der Staat verdient kräftig mit am privaten Stromkonsum: durch die Stromsteuer, die Konzessionsabgabe und vor allem durch die Umsatzsteuer.

Wie viel der Fiskus am gesamten deutschen Stromkonsum verdient, ist nicht exakt zu ermitteln. Das liegt daran, dass die Einnahmen der Umsatzsteuer nicht getrennt nach den zugrundeliegenden Umsätzen verschiedener Gütergruppen erfasst werden.  Es wird statistisch nicht erfasst, welche Umsatzsteuer-Einnahmen durch den Stromkonsum erzielt werden. Zu berücksichtigen ist zudem, dass letztlich nur der Endverbraucher bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen mit der Umsatzsteuer belastet werden. Für die übrigen Unternehmen ist die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten, weil ein entsprechender Vorsteuerabzug gegenübersteht.

 

Für den Teilbereich der privaten Haushalte kann jedoch eine grobe Abschätzung des gesamten Aufkommens der Umsatzsteuer, der Stromsteuer sowie der Konzessionsabgabe vorgenommen werden. Das Deutsche Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler (DSi) hat errechnet, wieviel der Staat im Jahr 2017 durch den Stromkonsum privater Haushalt in etwa eingenommen hat.[4] Laut der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), betrug der private Stromkonsum im Jahr 2017 36,169 Milliarden Euro.[5] Im Monitoringbericht der Bundesnetzagentur sind die durchschnittlichen mengengewichteten Preisbestandteile für Haushaltskunden zum Stichtag 1. April 2017 ausgewiesen.[6] Anhand dieser Daten können die gesamtwirtschaftlichen Größen der Bestandeile des Strompreises für private Haushalte rechnerisch ermittelt werden.

Danach flossen rund 10,2 Milliarden Euro über Steuern und weitere Abgaben auf den Stromkonsum an den Fiskus. Allein auf die Umsatzsteuer, die private Haushalte auf ihren Stromkonsum gezahlt haben, entfielen rund 5,8 Milliarden Euro. Auf die Stromsteuer entfielen 2,5 Milliarden Euro sowie rund 2 Milliarden Euro auf die Konzessionsabgabe.

Staat Kassiert mehrfach

Dabei werden die Stromkunden sogar doppelt durch die politisch beschlossenen Abgaben belastet. Die Umsatzsteuer wird beispielsweise auch auf die Stromsteuer, Konzessionsabgabe, EEG-Umlage und weitere politisch beschlossenen Abgaben gezahlt – es ist quasi eine „Steuer auf die Steuer“. Knapp 1,6 Milliarden Euro entfielen auf die Umsatzsteuer, die private Haushalte auf die EEG-Umlage gezahlt haben. Für die Umsatzsteuer auf die Stromsteuer waren dies rund 470 Millionen Euro und rund 370 Millionen Euro Umsatzsteuer auf die Konzessionsabgabe.

Stromverbraucher entlasten!

Dabei haben es die Abgeordneten in der Hand, die hohen Strompreise deutlich zu senken. Um die Stromverbraucher zeitnah zu entlasten, sollte die Stromsteuer gesenkt werden. Der Stromsteuersatz liegt in Deutschland um mehr als das 20-fache über dem EU-Mindeststeuersatz für die nichtbetriebliche Verwendung.[7] Zudem sollte die Mehrwertsteuer auf Strom von 19 auf 7 Prozent reduziert werden. Bei elektrischem Strom handelt es sich um ein lebensnotwendiges Gut, das höchstens mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belastet werden sollte. Mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf den Stromkonsum würde man auch dem Problem der Steuerkumulation, bzw. der „Steuer auf die Steuer“ wirksam begegnen, da die Mehrwertsteuer auf alle im Strompreis enthaltenen Abgaben erhoben wird.

Die Umsetzung beider Reformvorschläge würde die privaten Stromverbraucher insgesamt um rund 6,2 Milliarden Euro pro Jahr entlasten.[8] Angesichts hoher Strompreise und sprudelnder Steuereinnahmen ist dies überfällig.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.


[1] Vgl.: Eurostat, Preise Elektrizität für Haushaltskunde, ab 2007 – halbjährliche Daten.

[2] Summe der EEG-Differenzkosten 2000 bis 2018: 197,95 Mrd. Euro (Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2017): EEG in Zahlen: Vergütungen, Differenzkosten und EEG-Umlage 2000 bis 2018.

[3] Annahme: 3.500 kWh pro Jahr.

[4] Deutsches Steuerzahlerinstitut (DSi) (2018): Wie der Fiskus am privaten Stromverbrauch verdient; DSi kompakt Nr. 35.

[5] Vgl. Statistisches Bundesamt (2018): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Private Konsumausgaben und Verfügbares Einkommen, Beiheft zur Fachserie 18, S. 24.

[6] Vgl. Bundesnetzagentur (2017): Monitoringbericht 2017, S. 231.

[7] Festgelegt von der EU ist ein Mindeststeuerbetrag von 1,0 Euro je MWh für die nichtbetriebliche Verwendung von elektrischem Strom (vgl. Energiesteuerrichtlinie 2003). Die deutsche Stromsteuer für die privaten Haushalte beträgt 20,50 Euro für eine MWh (StromStG).

[8] Dieser Wert ergibt unter der Annahme des Stromkonsums des Jahres 2017 – jedoch mit einem reduzierten Stromsteuersatz von 0,1 ct/kWh und einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent.

5 vor 10: Bauern, Silber, Türkei, Brexit, Digitalisierung

$
0
0

In den Linktipps geht es heute um mögliche Milliardenhilfen für Bauern, Geldanlagen in Silber und die wirtschaftlichen Probleme der Türkei. Außerdem: Nordirlands Brexit-Sorgen und Begeisterung für die Digitalisierung.


1. Dürre Argumente der Bauern
(faz.net, Heike Göbel)
Die Hitzewelle in Deutschland macht der Landwirtschaft zu schaffen. Eine schlechte Getreideernte und Probleme mit Kartoffeln und Mais zeichnen sich ab. Der Bauernverband hält deshalb Milliardenhilfen vom Staat für gerechtfertigt. Heike Göbel sieht das anders: „Fließt statt Regen immer wieder Steuergeld, mindert das den Anreiz des Bauern, seine Risiken selbst in den Griff zu bekommen.“

2. Der silberne Krügerrand lohnt sich nicht
(wiwo.de, Mark Fehr)
Die Rand-Raffinerie aus Südafrika hat seit 1967 einen Kassenschlager im Programm: Ihr Krügerrand gehört zu den beliebtesten Goldmünzen der Welt. Jahrzehnte später nimmt das Unternehmen nun auch eine Silbervariante ins Programm und hofft damit, neue Marktanteile zu erobern. Für Anleger ist die neue Münze aber nicht wirklich interessant, meint Mark Fehr. Er sieht in Silbermünzen eine besonders teure Absicherung gegen Krisenzeiten.

3. Die Türken müssen sich auf weitere Preiserhöhungen einstellen
(nzz.ch, Inga Rogg)
Die türkische Wirtschaft befindet sich weiterhin in heftigen Turbulenzen. Die Zentralbank erwartet einen Rückgang der Wirtschaftsleistung im zweiten Halbjahr. Zudem warnen die Notenbanker nun vor einer deutlich höheren Inflation als bisher erwartet: Sie gehen nun von mehr als 13 Prozent aus. „Möglicherweise sieht die Zentralbank die Lage aber immer noch zu rosig“, analysiert Inga Rogg.

4. Die Brexit-Sturmwarnung
(capital.de, Claus Hecking)
Die Mehrheit der Nordiren hat gegen den landesweiten Trend den Ausstieg Großbritanniens aus der EU abgelehnt. Unternehmen in der Region fürchten schwere wirtschaftliche Nachteile, wenn der Brexit im kommenden Jahr Wirklichkeit wird. Sie sorgen sich um die Geschäftsbeziehungen zu Irland und dem Rest Europas. Der Wohlstand der Region ist geprägt vom freien Warenverkehr. Nun steht auch der wackelige Frieden auf dem Spiel.

5. Was sich bei der Digitalisierung dringend ändern muss
(sueddeutsche.de, Marc Beise, Video)
Die Digitalisierung ist einer der wichtigsten Trends in der Wirtschaftsgeschichte. Doch in der Politik und auch in vielen Unternehmen steht das Thema oftmals bestenfalls aus Pflichtgefühl auf der Agenda. Marc Beise vermisst echte Begeisterung für die neuen Chancen, die sich eröffnen. Er fordert Firmen auf, sich offener für Innovationen zu zeigen. Zudem verlangt er, Investitionen in Start-ups steuerlich zu begünstigen.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Wer gewinnt hier eigentlich was? – Die Ausweitung der Midijobgrenze im Rentenpaket

$
0
0

Kann die Ausweitung der Midijobgrenze dabei helfen Altersarmut zu reduzieren und  Arbeitsanreize zu verstärken? Prof. Dr. Christian Hagist und Christian Bürer erklären die Auswirkungen der geplanten Reform.

Hintergrund

Im medialen Echo der Vorstellung des Rentenpakets von Bundesarbeits- und Sozialminister Heil ging neben der massiven Ausweitung der Mütterrente und der Einführung einer „doppelten Haltelinie“ ein weiterer Punkt ein wenig unter. In Zukunft soll der Einkommensbereich der „Midijobs“, welcher bislang auf 850 Euro monatlich begrenzt ist, auf 1300 Euro ausgeweitet werden. Die jährlichen Kosten für die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) sind dabei eher pauschal mit jeweils 200 Mio. Euro bis 2025 angegeben. Wie üblich wurde diese Reform mit einer vermeintlichen Gerechtigkeitslücke begründet.

Zum Thema Gerechtigkeit

Im Status Quo besteht für Geringverdiener die Möglichkeit innerhalb der Einkommensgrenzen eines Midijobs einen reduzierten Rentenbeitrag zu zahlen (vgl. unten stehende Box). Allerdings folgten bisher aus niedrigeren Beiträgen auch geringere Rentenleistungen. Dies entspricht dem der GRV zu Grunde liegenden Äquivalenzprinzip.

Genau dieser Zusammenhang soll nun jedoch aufgehoben werden. Für den in unten stehender Box beschriebenen Versicherten Bernd mit 500 Euro beitragspflichtigem Einkommen heißt das Folgendes: Bei einer auf 45 Arbeitsjahren basierenden stilisierten Berechnung führt sein Einkommen zu einer monatlichen Rente i.H.v. gut 200 Euro. Fast der Hälfte dieser Summe, also knapp 100 Euro, stehen keine Beitragszahlungen von Bernd gegenüber. Es kommt somit zu einer signifikanten Subventionierung einzelner Gruppen, ohne dass dabei geprüft wird, ob diese Individuen Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder ob noch ggf. weitere (Haushalts-)Einkünfte oder Vermögen zur Verfügung stehen. Es profitiert also sowohl der anvisierte prekär Beschäftigte als auch der Teilzeit arbeitende Gatte einer Oberärztin. Ob eine Subventionierung von Letzterem durch Leistungen durchschnittlicher Beitragszahler wirklich als gerecht bezeichnet werden kann, ist mehr als fraglich.


Bernd verdient 500 Euro im Monat, der reguläre Arbeitnehmerbeitrag bei einem Beitragssatz i.H.v 9,3 % beträgt daher: 500 €∗ 9,3 % = 46,50 €. Nach aktueller Regelung fällt jedoch nur ein reduzierter Beitrag nach folgender Berechnung an: (1,28 ∗ 500−235) ∗ 9,3 % ∗ 2 − 9,3 % ∗ 500 = 28,50 €. D.h. Bernd zahlt statt 9,3 % effektiv nur einen Beitragssatz i.H.v. 5,7 % und spart dadurch monatlich 18 Euro.


Der Zusammenhang zwischen Beitragszahlungen und Rentenhöhe wird somit anhand dieser Maßnahme weiter aufgeweicht, was die Akzeptanz des Versicherungscharakters der GRV zunehmend untergräbt. Stattdessen wird das Rentensystem verstärkt zu einem parallel zum Steuer-Transfer-System agierenden und nicht zielgenauen Umverteilungsinstrument ausgebaut.

Unabhängig davon, ob der Umverteilungsgedanke innerhalb der GRV per se nun befürwortet wird oder nicht, steht außer Frage, dass die Finanzierung dieser Maßnahme aus ordnungspolitischer Perspektive über einen Steuerzuschuss erfolgen muss. Schließlich wird das Äquivalenzprinzip explizit nicht berücksichtigt. Sozialpolitik bleibt Aufgabe des Steuerzahlers und nicht seines beitragszahlenden Pendants.

Der Reformvorschlag der Bundesregierung sieht jedoch keinen an die tatsächlichen Kosten gekoppelten Steuerzuschuss vor. Stattdessen soll der Bundeszuschuss jährlich um 500 Mio. Euro erhöht werden, um damit pauschal die zusätzlichen Lasten durch Beitragszuschuss, Mütterrente und Haltelinien abzudecken ohne die reale Entwicklung zu berücksichtigen.

Die isolierten Kosten der Maßnahme mögen dabei im Vergleich zu den weiteren Posten des Rentenpaketes, wie etwa der Mütterrente, eher gering erscheinen. Dennoch werden auch in diesem Fall Ansprüche geschaffen, welche insbesondere mittelfristig zu zusätzlichen Ausgaben führen und damit die jüngeren Generationen in Zukunft belasten.

Keine zielgenaue Vermeidung von Altersarmut – Mitnahmeeffekte vorprogrammiert

Eine wesentliche Neuerung des Reformvorschlages ermöglicht, dass Erwerbstätige mit Midijob einerseits niedrigere Rentenbeiträge zahlen, gleichzeitig jedoch die vollen Rentenbezüge erhalten. Ziel dieser Besserstellung von Geringverdienern ist offenbar auch die Vermeidung von Altersarmut.

Niedrige und mittlere Erwerbseinkommen sind jedoch nicht zwangsläufig mit Altersarmut gleichzusetzen. Weitere (Haushalts-)Einkünfte und Vermögen spielen eine große Rolle. Der Anteil derjenigen Rentner, die auf Grundsicherung angewiesen sind, ist in den letzten Jahren leicht angestiegen. Mit aktuell etwa drei Prozent kann jedoch nicht von einem flächendeckenden Phänomen gesprochen werden. Die Grundsicherungsquote ist sogar vergleichsweise niedrig, bei Kindern unter 15 Jahren liegt sie mit 15 Prozent etwa fünfmal so hoch. Auch perspektivisch zeigen die aktuellen Berechnungen, dass kein dramatischer Anstieg der Altersarmut zu erwarten ist. Im Jahr 2030 liegen die Werte bei etwa 4-6 Prozent (vgl. Kaltenborn & Loose, 2018).

Abbildung 1

Diese Effekte beziehen sich jedoch auf alle Rentner, die Bezieher von Midijobs weisen typischerweise geringere Einkommen auf. Betrachtet man eine Rentnerin, die stilisiert 45 Jahre lang zwischen 451 – 1300 Euro verdient, also den neuen Unter- und Obergrenzen für Midijobs, führt dies zu einer monatlichen Rente zwischen 200 – 570 Euro. Bezogen auf die aktuelle Rentnergeneration zeigt Abbildung 1, dass nur ein geringer Anteil dieser Personen tatsächlich auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen ist. Es kann somit – zumindest für den Moment – kein kausaler Rückschluss von Einkünften im Midijobbereich auf Altersarmut geschlossen werden.

Somit profitieren, wie schon bei den Vorschlägen zur Einführung einer Solidarrente (vgl. Bührer & Hagist, 2017), auch Haushalte, welche aus Perspektive der Grundsicherung keinerlei Subventionierung benötigen. Durch die Förderung ohne Bedürfnisprüfung kommt es zwangsläufig zu Mitnahmeeffekten, die zusätzlich im Zweifel auch noch aus Beitragsmitteln geleistet werden.

Auch die Hoffnung, niedrigere Rentenbeiträge könnten Arbeitsanreize verstärken und auf diesem Weg Altersarmut bekämpfen erscheint fraglich. Schließich stellen Erwerbsgeminderte einen wesentlichen Teil der Rentner mit Grundsicherungsanspruch. Diese Gruppe kann ihr Arbeitsangebot krankheitsbedingt jedoch nur begrenzt (oder gar nicht) ändern.

Finanzielle Entlastung und Arbeitsanreize

Geringverdiener profitieren nach der aktuellen Logik des Steuersystems kaum von steuerlichen Entlastungen, da sie ohnehin keine (oder kaum) Einkommensteuern zahlen. Die wesentliche finanzielle Belastung dieser Gruppe resultiert daher aus den Sozialversicherungsabgaben. Ein Erwerbstätiger mit einem Arbeitsentgelt i.H.v. 451 Euro müsste bspw. regulär etwa 42 Euro Rentenbeitrag zahlen, führt jedoch nach bisheriger Regelung nur die Hälfte davon ab (siehe Box). Es bleibt somit mehr Netto vom Brutto. Dadurch bestehen isoliert betrachtet größere Anreize eine derartige Tätigkeit aufzunehmen, sie lohnt sich schlicht mehr.

Die neue und höhere Obergrenze i.H.v. 1300 Euro weitet diesen Einkommensbereich nun aus. Bei einem Verdienst i.H.v 850 Euro fiel nach alter Regelung der volle Beitragssatz i.H.v. 9,3 Prozent an. Überträgt man das bisherige Berechnungsprinzip auf die neue Obergrenze, wie in Abbildung 2 dargestellt, so gilt für diesen Verdienst ein Beitragssatz i.H.v. etwa 8 Prozent, und es kommt zu einer Entlastung um 11 Euro. Der Anreiz an dieser Einkommensgrenze eine höher entlohnte Tätigkeit aufzunehmen dürfte sich daher verstärken.

Abbildung 2

Da mit zunehmendem Einkommen jedoch ein Teil der Subvention abschmilzt, d.h. ein höherer Beitragssatz gezahlt werden muss, bleiben im Midijob-Bereich im Status Quo von jedem hinzuverdienten Euro nur 85 Cent. Im Falle des regulären und konstanten Beitragssatzes bleiben dagegen gut 90 Cent.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist die Debatte um die Verstärkung von Arbeitsanreizen für Geringverdienern ein alter Hut, sie kommt nur in neuem Gewand. Zu Beginn der 2000 Jahre gab es intensive entsprechende Diskussionen unter dem Schlagwort „Kombilohn“. Es wurden sogar Pilotprojekte umgesetzt, insbesondere das „Mainzer Modell“, welches unter anderem äquivalent zum heutigen System niedrigere Sozialversicherungsbeiträge verwendete.

Die geringe Wirkung welches dieses (und andere vergleichbare) Modell entfaltete, lässt es äußerst fragwürdig erscheinen, ob von der neuen Regelung entscheidende Impulse ausgehen werden (vgl. z.B. Gerhardt & Wielage, 2006). De facto wird hier versucht über die Rentenversicherung Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu betreiben, was durch den beschränkten Fokus eigentlich nur scheitern kann. Für Geringverdiener sind schließlich weitere Transfersysteme wie die Arbeitslosenversicherung, Grundsicherung und Leistungen wie das Kindergeld entscheidende Faktoren, die an dieser Stelle ignoriert werden.

Fazit

Die Ausweitung der Midijobgrenze folgt sozialpolitisch wieder einmal dem Prinzip Gießkanne. Wird nur genug Wasser auf den Boden geschüttet, werden schon irgendwo Blumen wachsen. Doch Wasser bzw. Beitragsmittel sind ein rares Gut und sollten daher sorgfältig eingesetzt werden.

Die Alimentierung bestimmter Einkommen untergräbt erneut den Versicherungscharakter der Gesetzlichen Rentenversicherung und kann dabei ihre eigene Zielsetzung nur sehr unscharf erreichen. Sie verteuert wieder einmal die Rente im demografischen Wandel und führt zu einer sehr ungenauen Umverteilung. Altersarmut kann sie dabei kaum bekämpfen, da wir zum einen nicht wissen, wer eigentlich in diesem Lohnsegment Unterstützung benötigt, und die Maßnahme zum anderen die besonders relevante Gruppe der Erwerbsgeminderten kaum erreicht. Zu guter Letzt mag dieses Instrument auch aus arbeitsmarktpolitischen Argumenten nicht überzeugen, denn hier gäbe es etwa mit einer negativen Einkommensteuer effizientere Wege.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und bleiben Sie auf dem Laufenden über WhatsApp und Facebook-Messenger, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

5 vor 10: Bargeld, Grundeinkommen, Bauern, Strafzölle, Venezuela

$
0
0

Heute geht es in den Linktipps um die Liebe der Deutschen zum Bargeld, die Sinnlosigkeit des Grundeinkommens, um Subventionen für die Bauern und die noch höheren Strafzölle für chinesische Waren in den USA. Außerdem fragen wir, wie es zu der Währungskrise in Venezuela kommen konnte.


1. Die manische Liebe der Deutschen zum Bargeld
(welt.de, Holger Zschäpitz)
Der Durchschnittsdeutsche lagert im Schnitt 2.449 Euro in bar zu Hause, vor zehn Jahren war es nur rund die Hälfte. Auch im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist Deutschland Spitzenreiter: Kein Volk zahlt so viele Einkäufe mit Bargeld. Holger Zschäpitz beschreibt, wie sich die Vorliebe der Deutschen erklären lässt.

2. Warum das Grundeinkommen nichts bringt
(wiwo.de, Kristina Antonia Schäfer)
Wenn man von jedem Euro, den man oberhalb einer Einkommensgrenze von 2.000 Euro verdient, nur 30 Cent behalten darf, ist der Arbeitsanreiz gering. Kristina Antonia Schäfer erklärt, wie Finnland versucht, diese sogenannte Grenzbelastung mit einem bedingungslosen Grundeinkommen derart zu verändern, dass sich Arbeit lohnt.

3. Deplatzierte Großzügigkeit
(faz.net, Heike Göbel)
Im Schnitt finanziert die öffentliche Hand 40 Prozent der Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe. Der aktuelle Beschluss für Hilfen für die Bauern zeige, dass die Regierung wenig sorgsam mit dem Steuergeld umgehe, kommentiert Heike Göbel.

4. Trump droht China mit höheren Strafzöllen
(sueddeutsche.de, Claus Hulverscheidt)
Fast viermal so viel exportiert China in die USA wie umgekehrt – diesen Umstand empfindet Donald Trump als „ungerecht“ und will die Strafzölle auf chinesische Produkte noch weiter erhöhen. Claus Hulverscheidt zeigt auf, dass China die Strafzölle nur teilweise kontern kann.

5. Währungskrise in Venezuela
(fee.org, Jarrett Stepman, englisch)
Eine Inflationsrate von einer Million Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartet der Internationale Währungsfonds für den venezolanischen Bolívar. Jarrett Stepman hat sich für die Foundation for Economic Education angesehen, wie es zu dieser galoppierenden Inflationsrate kommen konnte.

Gute Kommentare, interessante Hintergründe – jeden Morgen um 5 vor 10 Uhr präsentieren wir auf dem Ökonomenblog fünf ausgewählte Links zu interessanten Ökonomie-Blogs und Wirtschaftsseiten.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal, RSS-Feed oder einen unserer Newsletter.

Viewing all 194 articles
Browse latest View live